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Wie Tourismus einer Minderheit helfen kann – und wie er schadet

Das erlebt das beschauliche Dagebüll/Doogebel nicht alle Tage: Angehörige von 15 verschiedenen Minderheiten aus ganz Europa haben sich dort vom 18.-20. November teils persönlich, teil digital zugeschaltet, versammelt, um die Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft der Minderheiten ohne Mutterstaat („Non-Kin-State“) abzuhalten. Die nordfriesischen Gastgeber gehören selbst zu dieser Gruppe und hießen rund 20 TeilnehmerInnen aus verschiedenen europäischen Minderheiten willkommen – darunter Ladiner aus Südtirol, Roma, Sorben, Aromunen aus Rumänien und Pomaken aus Bulgarien.

Fotos: Martin Ziemer

Auf dem Programm der Jahrestagung standen neben zahlreichen Arbeitssitzungen auch Einblicke in die nordfriesische Kultur: Ein Besuch im Hans-Momsen-Haus, das die Lebensweise der Halligfriesen vermittelt, sowie eine Exkursion auf die Insel Föhr und in das dortige Friesen-Museum haben den internationalen Gästen lebendige Eindrücke in Kultur und Sprache vermittelt.

Kernthema der Tagung war die Frage, wie der Tourismus dazu beitragen kann, die Sprache und Kultur einer Non-Kin-State-Minderheit zu erhalten. „Bei unserem Besuch auf Föhr ist die massive Konfrontation von Massentourismus auf der einen Seite und über 1000 Jahre alter friesischer Kultur auf der anderen Seite deutlich geworden“, sagt Bahne Bahnsen, FUEN-Vizepräsident und selbst Angehöriger der friesischen Minderheit und Sprecher der AG Non-Kin-State.

Wie kann man so eine Situation händeln und positive Effekte für die Minderheitensprache und -kultur finden? Darum drehte sich die Diskussion. „Auf Föhr würde es schlicht damit anfangen, den Gästen am Fähranleger auch dort ein Ortsschild in friesischer Sprache zu vermitteln, wo sie gerade Urlaub machen: nämlich auf Föhr/Feer“, meint Bahne Bahnsen. „Und wenn es nur eine kleine Fahne, ein Schild oder ein kleines Wort in einem Geschäft ist – das kann schon viel bewegen.“ Er weiß aus Erfahrung, wie schwierig dieser Weg sei und wie viel Überzeugungsarbeit zu leisten sei – doch würde man ihn als Minderheit nicht gehen, drohe der einzigartigen Sprache und Kultur der Tod. Als positives Beispiel führt er in diesem Zusammenhang die Nachbarinsel Amrum an.

Eine Tatsache, die viele TeilnehmerInnen erstaunt hat, ist die verwaltungstechnisch geschlossene Einheit Nordfrieslands, der Heimat der nordfriesischen Minderheit. Ob Ladiner, Aromunen oder Bretonen: Die meisten Minderheiten ohne Mutterstaat haben das Problem, sich nicht nur in verschiedenen Regionen, sondern sogar in verschiedenen Staaten für ihre Rechte und den Erhalt ihrer Kultur einsetzen zu müssen. Im Vergleich dazu ist die Situation für die Nordfriesen deutlich einfacher.

„Die Tagung hat unsere Verbindungen weiter gestärkt und wir sind in einen fruchtbaren Dialog gekommen, den wir fortsetzen werden“, resümiert Bahne Bahnsen. Botschafter der nordfriesischen Kultur hat er sicherlich einige hinzugewonnen. „Beim Kulturabend in einer historischen friesischen Stube wollte gar keiner mehr nach Hause fahren“, erzählt er mit einem Lächeln. 

Die AG Non-Kin-State hat 25 Mitgliedsorganisationen in ganz Europa. Sie agiert unter dem Dach der FUEN (Föderalistische Union Europäischer Nationalitäten), welche die Interessen der autochthonen nationalen Minderheiten, Nationalitäten und Sprachgemeinschaften Europas vertritt. Die FUEN vertritt derzeit mehr als 100 Mitgliedsorganisationen aus 35 europäischen Ländern.

Weitere Bilder der Jahrestagung befinden sich in unserer Bildergalerie

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