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Grenzenloser Medienkonsum: Reform des Geoblockings – FUEN sitzt mit Film- und Fernsehindustrie an einem Tisch

Es ist ein Ärgernis für viele: Während man sich auf Reisen (wenn nicht gerade eine Pandemie herrscht) sowie in Onlineshops gefühlt grenzenlos durch Europa bewegen kann, fällt beim Zugang zu Filmen und Fernsehangeboten oft die Länderschranke – „kein Zugriff“, heißt es dann, oder das Angebot steht gar nicht zur Auswahl. Dahinter steckt das sogenannte Geoblocking: Multimedia-Inhalte im Internet sind demnach nur regional zugänglich, meist innerhalb der Grenzen eines Landes. Wer in Dänemark den deutschen „Tatort“ in der Mediathek streamen möchte, schaut in die Röhre. Auch bei kostenpflichtigen Plattformen wie Netflix ist das Angebot je nach Land extrem unterschiedlich: Während beispielsweise Zuschauer in Deutschland Zugang zu 43,1 % der in der EU online verfügbaren Filme haben, sind es in Slowenien nur 0,3 %.

Technisch funktioniert das über die IP-Adresse, welche Nutzerinnen und Nutzern wie eine Postanschrift einem Land zuordnet. Wählt man sich aus dem „falschen“ Land ein, also einem, das nicht für die Nutzung des Inhalts freigeschaltet ist, greift die Sperre.

Das ist problematisch für alle mehrsprachigen Menschen, die gern Medien in einer anderen als ihrer Muttersprache konsumieren, vor allem aber für Angehörige nationaler Minderheiten und Sprachgemeinschaften: Sie sprechen häufig eine Sprache, die in einem anderen europäischen Land die Mehrheitssprache ist. Grenzen haben sich in Europa im Laufe der Geschichte verschoben, aber die Sprachen sind meist geblieben – entsprechend findet man heute viele solche Sprachgemeinschaften, die eine andere als die mehrheitlich vorherrschende Landessprache sprechen. In Europa leben viele Millionen Menschen, die eine Muttersprache haben, die in ihrem Land zwar anerkannt, aber eine Minderheitensprache ist. Um nur eines von vielen Beispielen zu nennen: Im zu Italien gehörigen Südtirol leben 500.000 deutschsprachige Einwohnerinnen und Einwohner.

Da ihre Bevölkerungsanzahl innerhalb eines Landes aber oft zu gering ist, um eine vollwertige eigene Medienlandschaft aufzubauen, sind diese Menschen auf die Medien der Nachbarländer angewiesen, die dieselbe Sprache sprechen. Ohne Zugang zu den audiovisuellen Inhalten der gleichsprachigen Nachbarländer ist es für Angehörige nationaler Minderheiten sehr schwierig, ihre Muttersprache und Kultur zu bewahren und weiterzuentwickeln.

Inbesondere für Kinder spielen Medien eine wichtige Rolle beim Spracherwerb. Medien Fotos: Pixabay

Aus diesem Grund hat sich der Minderheiten-Dachverband FUEN, die Föderalistische Union Europäischer Nationalitäten, bereits vor vielen Jahren im Rahmen der Minority SafePack Initiative dafür eingesetzt, dass der grenzüberschreitende Zugang zu audiovisuellen Inhalten verbessert wird. Nun kommt endlich Bewegung in die Sache: Die Europäische Kommission hat einen Stakeholder-Dialog ins Leben gerufen, der sich bei mehreren Treffen bis März 2022 mit Möglichkeiten einer Liberalisierung des Zugangs zu audiovisuellen Inhalten befassen soll. Konkret geht es dabei um die audiovisuelle Unterhaltung – insbesondere Video-Streaming sowie den Zugang zu Online-Inhalten der TV-Sender.

Das Ergebnis des Dialogs zwischen Interessenvertretern aus der Film- und Rundfunkindustrie und Verbänden der Zivilgesellschaft soll nach Angaben der EU-Kommission sein, „mögliche spezifische Ziele zu definieren, um die Verbreitung audiovisueller Werke in der EU zu erhöhen“. Sie beabsichtigt nicht, neue gesetzgeberische Maßnahmen zu verabschieden, sondern setzt auf eine gemeinsame Selbstverpflichtung der Beteiligten.

Derzeit sträuben sich die Film- und Rundfunkindustrie sowie die Künstler gegen eine Liberalisierung des audiovisuellen Sektors und damit ein Ende der geografischen Diskriminierung, weil sie sich dadurch ökonomisch benachteiligt sehen. Doch gibt es auch Zwischenlösungen fernab eines totalen Geoblockings? Dafür setzt sich die FUEN im Dialog ein. „Wenn man hier gemeinsam mit der Politik zu einer guten Lösung kommen könnte, würde die europäische audiovisuelle Industrie weltweit zu einem Leuchtturm für Sprachenvielfalt werden", sagt FUEN-Vizepräsidentin Angelika Mlinar, Repräsentantin der Organisation beim Stakeholder-Dialog in Brüssel.

Verfügbarkeit von audiovisuellen Inhalten – aktuelle Fakten:

  • Innerhalb der EU werden europäische Filme im Durchschnitt in drei Länder exportiert.
  • Im Durchschnitt sind nur 14 % der Filme in den Video-on-Demand-Diensten eines Mitgliedslandes verfügbar.
  • Zuschauer in Deutschland haben Zugang zu 43,1 % der in der EU online verfügbaren Filme, während beispielsweise in Slowenien nur 0,3 % zur Verfügung stehen.
  • Eurobarometer-Umfrage: Mehr als ein Drittel der Internetnutzer sind an einem grenzüberschreitenden Zugang zu audiovisuellen Inhalten interessiert

Quelle: Bericht der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die erste kurzfristige Überprüfung der Geoblocking-Verordnung (2020)

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