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Bildung und die slowenische Minderheit im Fokus beim FUEN-Kongress

Ein Baum muss starke Wurzeln haben, um gut zu gedeihen. Mit der Minderheitenbildung ist es nicht anders: Man müsse auf eine gute Sprachbildung in den Kitas setzen – später könne man daran arbeiten, auch die Baumkrone, also die Gymnasien und Universitäten, entsprechend auszubauen. Mit diesem Vergleich machte Igor Giacomini, Präsident der Regionalkommission für slowenische Bildung in Friaul-Julisch Venetien, beim Kongress-Panel über die Bildungssysteme der Minderheiten in Europa die Relevanz der Früherziehung deutlich.

Zora Popova, die sich aus wissenschaftlicher Sicht mit Minderheiten auseinandersetzt, gab einen Einblick in die Ergebnisse aus der Studie „Minority Monitor“ zur Bildungssituation autochthoner, nationaler Minderheiten. Bei der Erhebung wurde deutlich, dass Herausforderungen vor allem in den Bereichen Personal, Finanzierung und politischer Akzeptanz liegen.

Unter Moderation von FUEN-Vizepräsident Daniel Alfreider diskutierten anschließend Igor Giacomini, Präsident der Regionalkommission für slowenische Bildung in Friaul-Julisch Venetien, Ibolya Hock Englender, Vorsitzende der Landesselbstverwaltung der Ungarndeutschen sowie Prof. Dr. Paul Videsott vom Südtiroler Volksgruppeninstitut über Modelle und best-practice-Beispiele.

Der Fachkräftemangel im Bildungsbereich macht sich bei den meisten Minderheiten bemerkbar; muttersprachliche Lehrkräfte gibt es immer weniger, beklagen alle auf dem Podium. Igor Giacomini sieht darüber hinaus in der komplizierten institutionellen Verankerung der slowenischen Schulen in Italien, die er vertritt, eine Herausforderung. Auch am Unterricht als Gesamtpaket aus Sprache und Kultur müssen noch gearbeitet werden – häufig bleibe es bei reiner Sprachvermittlung stehen.

Deutlich privilegierter ist im Vergleich die deutsche Minderheit in Ungarn aufgestellt. Ibolya Hock Englender erläuterte die Bildungsautonomie der insgesamt 13 anerkannten nationalen Minderheiten in Ungarn, die als Teile des normalen öffentlichen Systems gelten – mit gleichen Inhalten in anderer Sprache. In Kitas und Schulen existieren verschiedene Modelle von einsprachig über zweisprachig bis hin zu Mischformen. „Aufgrund des Mangels an deutschsprachigen Pädagogen schaffen es leider nur sehr wenige Kitas und Schulen, ein einsprachiges Konzept durchzuführen“, beklagte Englender. „Aber gerade das ist das Alter, in dem Kinder die Minderheitensprache durch einfaches Nachahmen erlernen können als natürlichen Spracherwerb.“

Welche Bedingungen herrschen dort, wo Minderheitensprachunterricht gut funktioniert? Mit dieser Frage hat sich Prof. Dr. Paul Videsott wissenschaftlich befasst und drei Antworten gefunden: „Wo die Minderheitensprache von der Kita bis zur Uni verpflichtend ist, wo Lehrerinnen und Lehrer die Minderheitensprache gut beherrschen und wo Minderheiten und Mehrheiten gemeinsam gut nebeneinander leben.“ Deshalb plädiert er für eine fundierte Universitätsbildung der angehenden Lehrkräfte und betont, wie wichtig die Verwendung von Hochsprache dabei ist – „bitte kein Dorfdialekt“.

Das zweite Panel des Tages befasste sich mit der slowenischen Minderheit in Italien, insbesondere in der autonomen Region Friaul-Julisch Venetien. Dr. Helena Jaklitsch, Ministerin für die Slowenen im Ausland, gab einen willkommenen Überblick darüber, wie Slowenien den im Ausland lebenden Slowenen hilft. Dies ist eine in der Verfassung des Landes verankerte Pflicht Sloweniens. „Wir setzen uns sehr für die Entwicklung der slowenischen Minderheit ein, denn das betrifft nicht nur Slowenien, sondern uns alle", sagte sie.

Slowenien hat zwei Millionen Einwohner, aber 500.000 Slowenen leben außerhalb der Landesgrenzen, hauptsächlich in Italien, Österreich, Ungarn und Kroatien. Sie stellte auch den rechtlichen Rahmen für den Minderheitenschutz in Slowenien vor.

Unter der Moderation von Julijan Čavdek von der gastgebenden Organisation des FUEN-Kongresses, der Konföderation der slowenischen Organisationen (SSO), stellten Sara Brezigar, Präsidentin des Slowenischen Forschungsinstituts (SLORI), Pierpaolo Roberti, Provinzrat mit Zuständigkeit für sprachliche Minderheiten in Friaul-Julisch-Venetien, Marco Jarc, Vorsitzender des paritätischen Ausschusses für die Probleme der slowenischen Sprachminderheit, und Igor Gabrovec, Landesrat und Sekretär der Partei Slowenische Union, die wichtigsten Aspekte des Lebens der Slowenen in Italien vor.

Die überwiegende Mehrheit der Gemeinschaft lebt in den Provinzen Triest, Gorica und Udine, und die Schätzungen über ihre Zahl schwanken erheblich. Bis zur letzten Jahrhundertwende war Triest das Zentrum der Gemeinschaft. Die Härten während und nach den beiden Weltkriegen wirkten sich negativ auf die Gemeinschaft aus, aber ihre Situation verbesserte sich mit der Unterzeichnung internationaler Verträge zum Minderheitenschutz durch Italien und schließlich mit dem Gesetz über die Rechte der Slowenen in Italien von 2001.

Die Angehörigen der Minderheit verfügen über ein gut ausgebautes slowenisches Bildungssystem. Ein interessanter Punkt, der angesprochen wurde, war, dass die verschiedenen Generationen der Slowenen ein unterschiedliches Zugehörigkeitsgefühl und unterschiedliche Wertvorstellungen haben. Die jüngste Generation hat nie eine Welt erlebt, in der es eine Grenze zwischen Italien und Slowenien gibt, wie einer der Redner betonte.

Eine der derzeitigen Bestrebungen der Gemeinschaft ist es, die sichtbare Zweisprachigkeit zu erhöhen und ihre Muttersprache im öffentlichen Raum zu verwenden.

Auch die Institutionen, die den Minderheitenschutz gewährleisten, wurden vorgestellt, ebenso wie die Nichtregierungsorganisationen der Slowenen sowie die politische Repräsentation.

Die Arbeitsgruppen der deutschen Minderheiten (AGDM), der slawischen Minderheiten (AGSM), die Arbeitsgruppe Bildung und die Arbeitsgruppe Non-Kin-State sowie das Europäische Dialogforum hielten auf dem Kongress ihre jährlichen Sitzungen ab.

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