Do You Speak Corona? Sprechen Sie Corona? Rätoromanisch wird in der offiziellen Kommunikation in der Schweiz kaum verwendet
22.05.2020"Sta betg aschi datier da mei!" - so klingt „Don’t stand so close to me" (steh’ nicht so nah bei mir) auf Rätoromanisch. Im obigen Video hat der bekannte rätoromanische Liedermacher Pascal Gamboni den Klassiker von ‚The Police’ gecovert. Das Lied hebt die Stimmung in Zeiten der Pandemie und ist zugleich eine dringend benötigte Botschaft in der Muttersprache für die sechzigtausend Rätoromanen in der Schweiz.
Obwohl ihre Sprache seit 1938 als vierte offizielle Regionalsprache anerkannt ist, stellten die Bundesbehörden in der ersten Phase des ‚Lockdowns’ Informationen nur in Deutsch, Französisch und Italienisch zur Verfügung. Es bedurfte politischen Drucks auf Bundesebene (koordinierende Stelle für die gesamte Schweiz gemäss Notstandsgesetz), damit Informationsmaterial in rätoromanischer Sprache veröffentlicht werden konnte.
Bis heute gibt es auf der offiziellen Webseite, wo Informationen zum Coronavirus bereitgestellt werden, keine Version in rätoromanische Sprache, da das Rätoromanische nur teilweise eine Amtssprache in der Schweiz ist. Es gibt jedoch eine Möglichkeit unter diesem Link Informationen auf rätoromanisch abrufen zu können. (sowie auf viele Fremdsprachen).
Im Allgemeinen macht sich kein Unterschied darin bemerkbar, wie stark die rätoromanische Sprachgemeinschaft von der Pandemie betroffen ist, im Vergleich zu der deutsch-, französisch- und italienischsprachigen in der Schweiz. Jedoch haben Minderheiten besondere Bedürfnisse. Obwohl auch deutschsprachige Medien konsumiert werden, insbesondere die Abendnachrichten, da es keine rätoromanische Sprachalternative gibt, hat die Gemeinschaft das Recht, von den Behörden in der Muttersprache informiert zu werden. Rätoromanische Zeitungen und Websites tun ihr Bestes, um dem nachzukommen.
Es gibt in der Tat auch positive Beispiele. Radiotelevisiun Svizra Rumantscha (www.rtr.ch, das konzessionierte Radio- und Fernsehangebot auf Rätoromanisch der SRG) hat bisher über 20 Online-Kulturangebote unter dem Titel “Cultura digitala” produziert. Ähnliche Angebote gab es auch bei den anderen Sprachketten der SRG (Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft). Die Sender der SRG spielen in dieser Zeit mehr Schweizer Musik, so auch mehr Musik auf Rätoromanisch.
Ein weiteres positives Beispiel ist die Lia Rumantscha. Das langjährige FUEN-Mitglied ist die Dachorganisation aller Personen und Organisationen der rätoromanischen Sprache, welche die Arbeit der regionalen rätoromanischen Vereine, der überregionalen Verbände und der rätoromanischen Organisationen ausserhalb Graubündens unterstützt, fördert und koordiniert. In nur einer Woche haben sie 20 Sprachkurse mit insgesamt rund 90 Teilnehmern vom Präsenzunterricht auf Online-Training umgestellt. Das Angebot wurde gut aufgenommen und könnte das künftige Angebot insofern beeinflussen, als das für gewisse Kurse eine neue Kombination von Präsenz- und Online-Kursen angeboten wird.
Es gab auch schmerzhafte Entscheidungen, die die Lia Rumantscha und andere Kursanbieter treffen mussten: Mehrere Sommer-Intensivsprachkurse in rätoromanischer Sprache mussten abgesagt werden. Insgesamt wurden rund 350 Personen erwartet, die an diesen Kursen in Samedan, Scuol und Ilanz teilnehmen sollten.
Die Informationen für diesen Artikel wurden von der Lia Rumantscha zur Verfügung gestellt.
Im April 2020 hat die FUEN eine Umfrage mit dem Titel Do You Speak Corona? zur Situation der europäischen Minderheiten während der Pandemie durchgeführt. Der Online-Fragebogen konzentrierte sich auf die Verfügbarkeit von Informationen im Zusammenhang mit COVID-19 im Allgemeinen, auf Gesundheitsinformationen im Zusammenhang mit dem Ausbruch, auf das Vorhandensein einer in der Minderheitensprache betriebenen Notfall-Hotline und auf die Verfügbarkeit von Online-Unterricht in der Minderheitensprache. Der Kurzbericht über die Ergebnisse kann unter folgendem Link eingesehen werden, den gesamten Bericht im PDF-Format können Sie unter folgendem Link herunterladen.
Diese Reihe von Fallstudien ist die Fortsetzung des Projekts Do You Speak Corona?
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